Expertentipp Nr. 93: Es sind oft die selbstverständlichen Dinge

Herbert P. möchte sich ein neues Auto kaufen. Er interessiert sich für ein bestimmtes Modell der Marke X und besucht daher das große örtliche Autohaus dieser Marke. Herr P. wird von einem freundlichen und hilfsbereiten Verkäufer beraten, vom Fahrzeug selbst ist der potentielle Kunde wirklich angetan. Er möchte sich gerne einen Prospekt mit allen technischen Daten und Angaben zur Ausstattung mit nach Hause nehmen. Da der Prospekt aber gerade neu gedruckt wird, verspricht der Verkäufer eine Zusendung per Post innerhalb von 14 Tagen. Der Prospekt wird allerdings nie an Herrn P. abgeschickt, ebenso wird auch das Autohaus Herrn P. nie wieder sehen...
Ehepaar K. möchte die Terrasse seines Hauses sanieren und modern gestalten lassen. Es werden drei Firmen eingeladen, um sich die Sache vor Ort anzusehen. Den besten Eindruck macht hierbei die Firma Y, der Berater ist kompetent, freundlich, er macht eine umfassende Bedarfsanalyse und schlägt geschickte und preislich interessante Lösungen vor. Allein, das von ihm versprochene Angebot per Email trifft nicht nur nicht wie zugesagt innerhalb der nächsten Woche ein, es trifft nie ein. Der Kontakt reißt ab...
Sabine L. benötigt einen neuen Computer. Sie wendet sich an ein kleines Spezialgeschäft, welches ihr vor einiger Zeit von einem Bekannten empfohlen worden ist. Der folgende Kauf des Computers gestaltet sich schwierig. Frau L. hält aber durch, trotz zweier unterschiedlicher, verwirrender und mit falschen Angaben gespickter Angebote des Geschäfts, einer deutlichen Lieferverzögerung mancher Komponenten, völlig ohne Kommentar geschweige denn einer Entschuldigung, und zu guter Letzt dreier Anläufe bis die Rechnung dann tatsächlich auch korrekt ausgestellt ist. Ob sich Frau L. jemals wieder an dieses Geschäft wenden wird?
Sie kennen vermutlich genügend solcher oder ähnlicher Geschichten, auch in unserem Fall sind sie nicht gut erfunden, sondern haben sich so zugetragen. Eine aktuelle Studie eines renommierten internationalen Wirtschaftsfachmagazins sagt, dass die Professionalität von Verkäufern eines der drei wichtigsten Anliegen von Kunden und potentiellen Kunden ist. Unter einer solchen Professionalität werden Dinge verstanden wie Pünktlichkeit, Einhalten von Zusagen, wahrheitsgemäße Angaben zu den eigenen Produkten, kein abwertendes Schimpfen über die Konkurrenz und Fairness dem Kunden gegenüber. Man könnte nun meinen, solche Verhaltensweisen im Verkauf sind eigentlich eine triviale Forderung und sollten sowieso eine Selbstverständlichkeit darstellen, gerade auch in Zeiten mit immer weiter steigendem Konkurrenzdruck. Dem ist aber offensichtlich nicht so. Nach der gleichen Studie nämlich schätzen Unternehmen selbst die Professionalität ihrer Verkäufer als für den Kunden nicht so wichtig ein. Erschreckend aber vor allem: Die Professionalität der Verkäufer hat laut Kundenbefragung in den letzten Jahren deutlich abgenommen. Man kann diese Ergebnisse nun freilich diskutieren: Sind Verkäufer tatsächlich weniger professionell geworden, oder ihre Kunden einfach anspruchsvoller, oder ist es eine Kombination beider Möglichkeiten, gibt es eventuell noch andere Einflussfaktoren? Letztlich ist aber die Grundaussage entscheidend: Kunden wollen in erster Linie seriös und professionell betreut werden. Punkt. Das wird sich sicherlich auch nicht so schnell ändern. Ganz im Gegenteil, es ist zu erwarten, dass dieser Kundenanspruch weiter steigen wird, nachdem Kunden heute generell in allen Bereichen der Wirtschaft immer mündiger werden (und werden wollen).
Kundenbeziehungen scheitern also oft am Fehlen der ganz einfachen, eigentlich selbstverständlichen Dinge. Oder positiv formuliert: Als Verkäufer, der seine Kunden als Partner sieht, eine Win-win-Situation erzielen will und dementsprechend professionell agiert, kann man sich nach wie vor vom Mitbewerb entscheidend abheben. Wenn ein Kunde sich dann gut betreut fühlt, spielt übrigens der Preis des Produktes oder der Dienstleistung, ebenso wie eventuell vorhandene vergleichbare Angebote des Wettbewerbs, keine so große Rolle mehr.
Wir Verkäufer sollten also tunlichst auch in unserer beruflichen Tätigkeit den alten biblischen Grundsatz „behandle andere Menschen genauso, wie du selbst behandelt werden möchtest“ beachten. Es gilt immer die Probe: Wäre ich jetzt in der Rolle meines Kunden, was würde ich erwarten? Wie würde ich behandelt werden wollen? Was muss passieren, dass ich sagen kann, ich bin von meinem Verkäufer – also von mir – professionell betreut worden?
Ihr
Peter Pokorny
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